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Der Vorarlberger Psychiater, Gerichtsgutachter und Kriminologe Reinhard Haller ist der breiten Öffentlichkeit kein Unbekannter, hat er doch in jüngster Zeit wiederholt und kompetent Auskunft gegeben, wenn es um Täterprofile und jene vernetzten Strukturen ging, die Menschen in persönliches Unglück, Verderben und Verbrechen zu stürzen vermögen. In diesem Buch ist es Haller selbst, der das Wort ergreift und sich an die Betroffenen (siehe Titel) und deren unmittelbares Umfeld wendet. Dazu ist er legitimiert durch seine langjährige Erfahrung mit Süchtigen jedweder Spielart, die er als Chef eines einschlägigen Behandlungszentrums betreut. Schon das Inhaltsverzeichnis dürfte für so manchen Durchschnittsbürger Überraschungen bringen, wenn der Suchtbegriff auch auf die pathologischen Varianten von Verhaltensmustern wie Putzen, Sammeln, Arbeit, Computer, Sport und Sex ausgedehnt wird. Natürlich bildet den Hauptteil dieses (gediegen recherchierten) Sachbuchs die Auseinandersetzung mit der Sucht nach Alkohol und Drogen, mit der ihnen zugrunde liegenden Psychodynamik, dem progredienten Verlust an persönlicher Entscheidungsfreiheit und mit den großen Nöten, die sich um die Betroffenen und ihre Angehörigen aufbauen. Haller lässt keinen Zweifel an der schlechten Prognose der meisten Süchte und der großen Diskrepanz aufkommen, die zwischen ehrlich-gutem Willen und hoher Rückfallquote besteht. Eine Analogie zur Therapie vieler maligner Tumoren drängt sich auf, wo - trotz nahezu infauster Prognose - jeder Strohhalm der Hoffnung zählt, jeder neu entwickelte Zugang zur Behandlung ernsthaft verfolgt und mit allem Heroismus gegen Nihilismus und Verzweiflung angekämpft wird. Das Buch wendet sich an Laien, zu deren Information eine gut lesbare, lebendig-anschauliche Darstellung mehr dienlich ist, als eine umfassende wissenschaftlich-trockene Abhandlung mit einer Fülle von Literaturzitaten. Haller bedient sich zur Illustration klug ausgewählter Kasuistiken, bei denen - trotz aller Distanziertheit - die Empathie des Autors mit den betroffenen Personen zwischen den Zeilen spürbar wird. So ist auch das Gesamtkonzept dieses Buches nicht auf einseitiger Belehrung, sondern quasi auf dem ehrlichen Bemühen eines verantwortungsvollen Freundes aufgebaut, der sein Wissen und seine Erfahrung um die Nöte der Menschen einem größeren Kreis mitteilen möchte. Das Buch ist ein Muss für direkt oder indirekt Betroffene, aber auch für alle, die - beruflich oder privat - an einer prägnanten Darstellung der Psychologie, Dynamik und Soziologie der Suchtproblematik in ihren verschiedenen Spielarten interessiert sind. *Imago Hominis* 2008/1 F. Kummer |
