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Annotation: Die Arzthelferin Katharina, 17, liebt den Band-Gitarristen Armand. Sie träumt davon, dass er sie mitnimmt in sein aufregendes Leben, aus ihrem eigenen möchte sie nämlich lieber heute als morgen weg. In ihrem ersten Jugendroman schreibt die Berliner Autorin Beate Dölling fulminant über große Gefühle und das Erwachsenwerden: von der absoluten Liebe als Selbstdefinition hin zur eigenen Identität. Rezension: Die Wege sind kurz in dem kleinen Dorf im Osten Deutschlands, die Zukunft überschaubar: Ausbildung zur Arzthelferin, Familie, Freunde, Partys, später mal heiraten. Wer mehr will, der gilt schon als Außenseiter. Katharina, 17, will mehr. Ihr Mehr ist Armand, Gitarrist einer Band . Um seine Konzerte zu hören, kurvt sie, egal, wohin, trennt sich von ihrem Freund Ingo. Armand stellt Fragen, die ihr so noch keiner gestellt hat, will von ihr wissen, was sie selbst kaum weiß. Sie schreiben einander Briefe - Herzschläge für Katharina. Er ist es, sagt ihr Herz. Und trommelt. Aber erst mal lässt Katharina sich weiter von Frau Doktor anblaffen, quirlt Kacke für Stuhlproben, paukt medizinische Fachterminologie, "pectoralis", der große Brustmuskel, direkt dahinter "cor", das Herz, das trommelt, sehnt sich zurecht, was nicht ist. Und wartet. Sie wartet auf das eigentliche Leben, und das ist Armand, hangelt sich von Brief zu Auftritt zu Brief zu Anruf. Von Hoffnung zu Hoffnung. Die Zeit dazwischen, die große Leere ohne ihn, schlägt sie tot, reißt die Arbeit runter, versiebt fast ihre Ausbildung, betäubt sich mit Tabletten. Bis sie sich selbst nicht mehr spürt. Hör auf zu trommeln, Herz? Erklär mir Liebe. Olle Kamellen, sagt die Mutter, und winkt müde ab. Die Tochter eines "Bastards", wie die Leute sagen, will über ihre Großmutter Luise nicht reden. Der wurden vor drei Generationen für ihre große Liebe die Haare geschoren und nur die Bonboniere, Luises Verlobungsgeschenk, wie ein Fremdkörper im Küchenmief, erinnert an sie. "Er ist's", lispelt eine andere Luise knapp 220 Jahre früher in Schillers "Kabale und Liebe". Den Satz hat die Berliner Autorin Beate Dölling ihrem ersten Jugendroman vorangestellt. Doch der endet nicht als Tragödie. Vor dem Hintergrund dezenter Ost-West-Problematik, Generationen-Konflikt und Adoleszenz ist "Hör auf zu trommeln, Herz" ein aktuelles, ein authentisches, ein außergewöhnliches Buch. An unterschiedlichsten Charakteren voller Eigenleben, an oft abgründig komischen Situationen wie Alltagsstudien und an Liebesszenen zum Anfassen schreibt Beate Dölling sachlich-lakonisch und hautnah zugleich. Von der absoluten Liebe als Selbstdefinition führt der Weg zur eigenen Identität in einem Entwicklungsroman zwischen Klassik und Hollywood, der für die ganz großen Gefühle wie für Träume-sind-Schäume, für den (Aber-)Witz des Lebens wie für den Weltschmerz mit aller Wucht einen ganz eigenen Ton anschlägt - ernsthaft und zum Lachen, sinnlich, direkt, immer unvoreingenommen. Am Ende besteht Katharina ihre Prüfung. Sie feuert ihrer Chefin das Zeugnis um die Ohren, zerreißt den letzten Brief von Armand und lässt die Schnipsel in den Abendwind segeln. Seine Adresse bewahrt sie in Luises Bonboniere auf. Alles ist offen. Vor ihr liegt ihr Leben. *ag* Christine Knödler |
